28. Februar 1968(Der ganze Aschram ist auf den Beinen, um der Einweihung Aurovilles beizuwohnen. Mutter liest ihre Botschaft, die durch das indische Radio direkt nach Auroville übertragen wird:)
(Dann liest Mutter die Charta:)
(Die Radioverbindung wird beendet ... Schweigen) Was für eine königliche Ruhe! Dies geschieht nicht oft. Bis halb zwölf. Wenn du mir etwas zu sagen hast, ich höre.
Nein, nein, das reicht! (Mutter lächelt) Ich verbringe alle meine Tage und Nächte damit, die Atmosphäre zu beruhigen. Dies hat Ausmaße angenommen ... Weißt du, wie diese Bewegungen, die sich so zu drehen beginnen, wie der Wind in den Wirbelstürmen oder wie Meeresstrudel, und dann geht es immer schneller und immer stärker. Also werden die Leute krank, sie fühlen sich wie erschlagen, sie sind zu nichts mehr fähig. Seit drei Tagen verbringe ich meine Zeit damit, die Atmosphäre zu beruhigen. Glücklicherweise wenden sie sich an mich (natürlich nicht "ich"), sie haben dabei die Empfindung, dass es hier einen stabilisierenden Faktor gibt, der alles Durcheinander wieder richten kann, andernfalls ... Schwierig wurde es durch die wirklich große Anzahl der äußeren Zugänge: zum Darschan am 21. waren mehr als viertausend Personen da, und dann all jene, die für heute und morgen gekommen sind, das heißt, fünf- oder sechstausend, die ernährt und untergebracht werden müssen ... Wirklich eine Heidenarbeit. Und dann wurde ich gebeten, es möge keinen Regen geben, aber auch keinen Sonnenschein! (Mutter lacht) Nun, das ist nicht ganz einfach, aber vorhin ist Z gekommen, um mir zu sagen, dass die Gegend von Auroville clouded [bewölkt] sei, d.h. keine Sonne ... Diese kleinen Wesenheiten sind sehr zuvorkommend, aber man verlangt das Unmögliche von ihnen. Gleichzeitig richtet man an mich all diese gegensätzlichen Anliegen: "Ich brauche unbedingt Regen"; "Ah, nein, bloß keinen Regen; ich brauche Sonne"; "Oh, nein, ich will keine Sonne ..." Wie sollen sie das bloß anstellen!
Zufrieden? Was soll das heißen?
Ich weiß nicht. Ich habe den Eindruck, dass es dort gut geht. Z erklärte mir vor zwei Tagen: "Ach, das war eine gute Lektion! Nun sind wir davon überzeugt, dass die Lebensart des Westens nicht besser ist als unsere." Denn sie glaubten die ganze Zeit, dass die materialistische Methode zu besseren Verwirklichungen führe - alle glaubten das -, nun sind sie eines Besseren belehrt. Ich habe dir schon erzählt, dass der sowjetische Konsul begeistert ist. Er hatte die Charta gesehen - zuerst auf englisch - (auf englisch heißt es Divine's Consciousness, mit Apostroph), und er sagte: "Schade, dass dies die Vorstellung von Gott hervorruft." S hatte ihn aufgesucht, und sie sagte: "Das ist keineswegs der Fall! Die ganze Sache hat mit Religion nichts zu tun, was sich im Französischen sehr gut zeigen lässt." Dann las er "göttliches Bewusstsein", und das hat ihn befriedigt. Er sagte dazu: "Das ist genau das, was wir zu verwirklichen versuchen, und ohne diese Worte wird es offiziell von der sowjetischen Regierung unterstützt und anerkannt werden." Dann bat man ihn um die russische Übersetzung, allerdings ist es nicht seine Übersetzung, die man in Auroville lesen wird, sondern diejenige von T, die keine Angst vor Worten hat. Ich habe ihm eine Ermächtigung geschickt und ihm erklären lassen, dass die Worte allein eine mehr oder weniger geschickte Übertragung sind, nicht nur der Idee, sondern auch dessen, was über die Idee hinausgeht, d.h. des Prinzips, und dass es nicht besonders darauf ankomme, ob es sich um das eine oder andere Wort handelt (jeder verwendet die Worte, die ihm am besten passen), und so habe ich ihn ermächtigt, die Worte zu verwenden, die für seine Regierung annehmbar sind. Der sowjetische Konsul hat zugestimmt und sich sehr zufrieden gezeigt. Dann sagte er: "Wenn die sowjetische Regierung etwas offiziell unterstützt, dann ist es ihr ernst damit." - Das weiß ich, es ist wahr, sie sind sehr großzügig. Ich hoffe also, dass dies ein günstiges Ergebnis zeitigen wird. Und genau darauf wollte ich hinaus, weißt du: Amerika ist seit langem enthusiastisch - das ist erfreulich, aber vielleicht verstehen sie es weniger gut. Die Russen sind von Natur aus Mystiker; das hatte der Kommunismus verboten und unterdrückt, wodurch sich natürlich viel Kraft angesammelt hat. Und jetzt will es aufbrechen. Wenn beide gleichzeitig Auroville unterstützten, hätten wir keine finanziellen Sorgen mehr! Das ist Schritt für Schritt gekommen, Schritt für Schritt. Ich habe dir schon gesagt, was Sri Aurobindo mir im Hinblick auf den Zustand Indiens offenbarte, dass Indien den gegenwärtigen Zustand der Menschheit symbolisiere, und dafür, sagte mir Sri Aurobindo, sei Auroville gegründet worden. [[Siehe das Gespräch vom 3. Februar 1968. ]] Da verstand ich. Von dem Augenblick an wurde es sehr klar - "klar", ich will damit sagen, es bewirkte, dass diese Erkenntnis sich ausbreitet, und die Leute zu verstehen beginnen.
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(Auszug aus einem Gespräch von Mutter mit einem Schüler über Auroville)
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